Dienstag, 10. April 2012

Guten Morgen


Wie lebst du? Wo lebst du? Mit wem lebst du? Kannst du dich konzentrieren? Hast du ein zu Hause? Wie lange schläfst du? Was isst du? Gehst du zur Arbeit? Gehst du in Cafés? 

Ich bin voll der Stalker. Mehr noch, ich will wissen was du siehst, was du fühlst, wie du aufwachst, wie du einschläfst, ob du einsam bist, ob du gesellig bist, wer deine Freunde sind. Alles will ich wissen, aber das darf ich gar nicht. Also tue ich etwas, was ich nicht darf. Wäre es erlaubt, wenn du auch was von mir wollen würdest? Wäre dies auch nicht zuviel? Aber so ist es nunmal. Soweit ist es nun gekommen.





Ist mein Leben ganz anders, was tue ich? Keine Konzentration, völlig blockiert. Kann nichts gezielt tun, denn dann sehe ich dich, wie du es auch tust, wie du es besser machst, oder wie du es nicht lieben kannst. Wenn ich für mich arbeite, sehe ich dich glücklich sein. Ich muss jetzt mal was tun, aber es geht nicht. Gebe nur Geld aus, renne nur rum, drehe nur durch. Finde mich nicht wieder und finde ich mich, kann ich es nicht halten, denn du bist immer besser, immer ganz weit weg. Wenn ich etwas tue, dann sehe ich dich, dann fange ich an und dann sehe ich dich, dann bin ich in der Regel gekränkt. Völlig blockiert. Unkonzentriert, gestört, abgelenkt. Ich bin wohl krank. 


Ich kann es nicht einmal richtig beschreiben. Wenn ich an den kritischen Punkt komme, den es zu beschreiben gilt, also die Kränkung, ist sie weg. Die Kränkung, der Schmerz bleibt zwar, aber das was mich stört, kann ich nicht beschreiben. So gehts nicht weiter, aber wie soll es weiter gehen? 

Ich sehe mich in meiner Mittelmäßigkeit, in meinem Versagen, in meiner Gewöhnlichkeit, in meiner Hässlichkeit. Kann mir nicht gefallen, gefällt mir nicht, wie soll ich da dir gefallen, sehe ich, warum du mich nicht lieben kannst, tausend Gründe, die ich nicht stehen lassen kann. 


Sehe mich in meiner hässlichen Wohnung, in meinen bescheidenden Fähigkeiten in der Malerei, der Fotografie und dem Schreiben und ich weiß auch dass das mit Liebe nichts zu tun hat. Es ok ist, mittelmäßig zu sein, aber ich weiß auch, dass es schöner sein könnte. So könnte ich mir zur Aufgabe machen, es schöner zu machen. Finde ich aber auch affig. So könnte ich daran arbeiten, an meinen Fähigkeiten zu arbeiten, zu verbessern, wenn ich doch schon darunter leide, dass sie nur mittelmäßig sind. Kunst muss nun mal perfekt sein, so ist das nunmal. Da macht es keinen Sinn, sein Talent dahin zu rotzen und darauf zu warten, dass man darin entdeckt wird. Du lieber Schatz hast das immer gut gemacht, in meinen Augen, in der nahezu perfekten Wohnung, der perfekten Ausdrucksweise, dem perfekten Geschmack; da bin ich nur mittelmäßig und ich bin borderlinemäßig und narzisstisch gekränkt. Denn du machst es stets perfekt, auch wenn du es nicht gerne hören magst. Kriegst du auch immer die Kurve. Eigentlich bist du ein Goldkind, ein Glückskind. Ich dagegen schiele nur auf dich, was du tust, was deine Schritte sind. Aber ich kupfer sie nicht ab, ich bin stets nur beeindruckt und blockiert, kann mich nicht konzentrieren.

Man kann wohl sagen, dass ich nur halbe Sachen mache. Nichts so wirklich perfekt. Vielleicht kann ich es nicht perfekt, vielleicht kann ich das perfekte nur in den Arbeiten der anderen sehen, aber nicht in  mir selbst, nicht an meiner Arbeit. Vielleicht arbeite ich nicht hast genug, vielleicht habe ich nicht das Talent, vielleicht habe ich nicht das Auge, vielleicht nicht den perfekten Geschmack, vielleicht gebe ich einfach zu früh auf, vielleicht kann ich mich nicht quälen, vielleicht bin ich einfach das wütende Kind, dass einfach zu schnell aufgibt. Dass das große Los ziehen will, meint, dass es das auch kann, aber es kann es gar nicht. 

Klar, hast du deinen eigenen Stil, deinen eigenen Geschmack, aber wer hat das nicht? Du arbeitest drauf los, in den Kitsch hinein, aber nie in die Perfektion. Klar, du kannst auf die Perfektion rotzen, aber was nutzt es dir. Muss man sich auch in der Kunst anpassen, das Ding rund machen. Den Kreis quadrieren können, die Kunst nicht beschreiben können. Ist es nicht wichtig was es aussagt, sondern dass es etwas mit dir macht, dass es schön ist, dass es sauber ist, wirkt, ausstrahlt...oh, mein Schatz ich sehe wieder, dass du ein perfektes Gesamtkunstwerk bist. Davon bin ich weit entfernt, du hast den perfekten Geschmack, das perfekte Auge, das Talent, du kannst etwas, ich wünsche dir, dass du es schaffst. 

Mein Kunst ist noch primitiv, dahingerotzt, mit Ecken und Kanten, aber die müssen perfekt sein. In sich stimmig und sauber sein. Da hilft kein Geheule.
Aber eigentlich bist du einsam und deswegen bricht die Welt stets über dich ein, deswegen kommst du zu nichts, denn ständig fällt die Decke auf den Kopf. So stehst du auch ständig unter Druck, dass dir alles wegfließt. Du bist zu Hause und kannst dich nicht frei machen, einfach autistisch mit dir selbst sein und etwas schaffen. Geschissen auf die Außenwelt, was mal war, geschissen auf all das und einfach etwas konzentriert machen und schaffen nur mit dir selbst sein. Das bist du zwar zwangsläufig sowieso immer, aber du kannst das allein sein nicht genießen. Ständig geht es Hoch und Runter, suchst du nach einer Brille, nach einer fixierten Weltsicht, dass da wer oder was komme und dich rette, aber da wird niemand kommen. 



Es wird wichtig bleiben, sein Ding zu machen, das Alleinsein auszuhalten, genießen zu lernen, aus dem Alleinsein heraus, etwas perfektes, voller Arbeit und Konzentration zu schaffen. Ohne die Angst, zu vereinsamen, ohne die Angst verrückt zu werden, ohne die Angst, dass die Welt sich auf den Kopf gestellt haben wird, ohne die Angst, dass die Hexe kommt, ohne die Angst vorm schwarzen Mann, ohne die Angst vor der Zeit, eben ohne die Angst etwas alleine zu schaffen, ohne die Angst vorm Versagen, ohne die Angst vorm Erfolg.



Es wird wichtig sein, den Nebel von alleine zu verziehen, es wird wichtig sein, auch in der Depression für sich alleine zu arbeiten, aus der Depression heraus zu arbeiten. Keine Angst vor dem Nebel der Unendlichkeit zu haben. Keine Angst vorm Vergangenen zu haben, keine Angst vor der Zukunft zu haben. Und ich sehe mein Schatz, dass du klar im Vorteil bist, du kannst ohne existentielle Sorgen, einfach alleine und frei Schaffen. Ich bin neidisch, aber dafür  kannst du nichts. Schätze dein Glück, denn das Unglück wirst du niemals schätzen können. Werde diese Künstlerin aus wohlhabenden Hause. Immerhin tust du was. Gibt es ja auch diese reichen Prinzessinnen, die nur feiern oder was weiß ich, das tust du zwar auch. Aber du wirst es wohl gut machen. Ach mein Schatz, irgendwie bist du alles  und nichts. Irgendwie bist du die Feiermaus, aber auch das fleißige Bienchen, usw. Bist du ja auch, schließlich hast du alles mal mitgemacht, aber wo kommst du raus?

Sollte mir egal sein, sollte ich mein Ding machen, aber dein Geist ist immer in mir und voraus. Du machst dein Ding, gehst heute gerade aus deinen verwirrten Weg. Sind wir beide Königskinder, die mal klar kommen müssen, sich mal konzentrieren sollten, auf ihre Scheiße. Machen andere ihr Ding? Können andere alleine sein? Ich glaube bei den anderen läuft es einfach irgendwie. Das kann man sich nicht vorstellen, wenn es nicht läuft. Wie es ist, wenn es läuft, stellt man eben nur dann fest und meist erkennt man dann, dass es friedlich ist. Dass es ein genussvolles Gefühl ist. Ich wünschte es würde mal laufen. Ich wünschte ich wäre nicht einsam oder anders ich hätte keine Angst vor der Unendlichkeit der Einsamkeit. Ich wünschte, ich würde auf alles scheißen können. Vor allem wohl als erstes und letztes auf dich mein Schatz. Siehe es mir nach. Ich kann von dir nicht lassen, deinem Geist. er blockiert mich, lenkt mich ab von all meinem Leben, wohl weil du mein Leben bist.

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