Samstag, 14. April 2012

Liebe Liebe,




und es ist so, dass es ein Unterschied ist, wie lange man schon in einer Metropole lebt. Ich kam frisch vom Dorf. Aus unserer bescheidenen Heimat. Du weißt, wie es heute dort ist, dass es etwas anderes ist, wenn man zwischen Großstädten pendelt und auf Reisen ist. Man wird weltmännisch, das bedeutet ein ganz anderes Lebensgefühl.
Ich bin angekommen, bleibe aber unzufrieden und fühle mich als Versager, denn du bist schon zwölf Jahre großmännisch, während ich noch im Dorf an mir arbeiten musste.

Es geht nicht um ein Lachen, um keinen Triumph. Es geht mir um unsere Augen, Gefühle und Einstellungen, die sich aber nicht annähernd gedeckt haben. Für die Liebe ist das nicht wichtig, aber fürs Kennenlernen. Mir war immer klar, dass du diesen Vorsprung hast. Du musstest all die Jahre nicht in scheiß Therapie gehen. 
Auf Grund deines uneinholbaren Vorsprungs (der aber im 'jetzt' sofort unserer beider Augen gleich ist; ich hoffe du verstehst), hattest du Macht über mich, selbst wenn du sie niemals wolltest. Du hattest einen 'Draufblick' und der ließ mich auch nie los. Du hattest die Ruhe und warst damit immer in einer Position, die mir voraus ist; leider aber auch, weil ich dir die Position immer gegeben habe. Diese Position ist überflüssig und löst sich auf, entzieht sich also der Macht, Besessenheit und Kontrolle, wenn ich auch in Ruhe und im Jetzt bin. Dann ist es friedlich und zufrieden stellend, dann sind wir gleichstark, dabei soll es gar nicht um einen Wettkampf gehen.

Du bist nicht Schuld und nicht verantwortlich, aber meine nächst gelegene Ursache; diese will ich bis heute aus der Welt, aus meinem Geist schaffen, aber es gelingt mir nicht, denn ich habe dich perfektioniert.
Diese Macht- und Wettkampfspiele tangieren und stören mich permanent. Ich freue mich über Parallelen und Gemeinsamkeiten, aber deine Andersartigkeit, deine Lust und Leidenschaft, deine Eigenwilligkeit und Selbstgenügsamkeit, nerven mich immerzu. Ich muss dich besiegen oder aber an mich binden können. Beides ist mir nicht gelungen, daher die Wut, das Stalken.
Selbst wenn ich das eine Problem befriedigen konnte, stellt sich gleich das nächste an. Auch wenn es sich wiederholt, fühlt es sich immer neu, überraschend und ohnmächtig an. Auch du wirst das aus deinem Geist kennen. Es ist unendlich und variabel. Du hast andere Worte dafür, aber auch du kennst den ewigen Kreislauf der Wut, Freude, der Höhen und Tiefen, der Schmerzen und der Hoffnung. Aber du bist mein Platzhalter, ich nicht deiner. Ich wünschte, ich hätte in Berlin die Ruhe, Freude und Zufriedenheit mitbringen können. Den 'Gleichstand', um sich wirklich nett kennenzulernen.





Und es ist so, ich hasse Sonnenbrillen. Wahrscheinlich, weil sie ein Ausdruck von Glück, Zufriedenheit und Gelassenheit sind. Aber eigentlich ist es auch so, dass mich die Psychiatrie bzw. Psychologen, zu einem Weichei gemacht haben. Ich war mal ein Kind der Straße, wusste mich durchzuboxen, war unabhängig, bis Psychologen meinten, mich domestizieren zu müssen. Sie suggerieren dir einen Weg im System, wollen dir einen glücklichen Weg aufzeigen, eigentlich auch Selbstbestimmung, aber sie nehmen dir deine Autonomie, verbiegen dich, spülen dich weich. Man kann sich auch nicht dagegen wehren, denn sie zeigen dir einen vernünftigen logischen Weg auf, dem man nur entkommen kann, wenn man sich selbst widerspricht. Nur dann kann man sich dem auch wieder entziehen und seinen eigenen Weg wieder gehen, den man für die Psychiatrie unterbrochen hat.
Ich will ihr die Schuld geben, auch wenn man sich freiwillig in Behandlung begeben hat. Natürlich trage auch ich dazu bei, dass man weichgespült wurde, aber das liegt eben nur daran, dass man zu nett und zu freundlich war, missverstanden wurde, man sich präsentierte in Höflichkeit, darauf festgenagelt wurde, obwohl man in Tatsache wer ganz anderes ist.

Die Weichspülung und Verbiegung findet statt, weil man koaliert, aber eigentlich ist man jemand, der gar nicht koalieren will. Also geht man Kompromisse ein, denen es sich nur noch schwer zu entziehen lässt. Sowieso ist man zu nett. Hat nun diese Leute in seinem Kopf, die dir Ratschläge geben und dich nicht mehr selbst machen lassen, dabei meinen sie immer, dass Selbstbestimmung das Ziel sei, was aber ebenso ein Widerspruch ist, weil sie dir dein eigenes Ziel nehmen, dass du selbst bestimmt hast. Wenn ich eine tolle Liebe will, sie dir aber zu einer netten raten, dann haben sie mir mein wichtigstes selbst bestimmtes Ziel genommen und das soll eine Therapie sein, eine Hilfe? Wenn sie dich weichspülen und zu einer netten Frau raten? Für mich ist die Liebe das A&O im Leben und ich bin lange zum Psychologen gegangen, aber damit muss nun endgültig Schluss sein. Wenn ich eins hinsichtlich der Autonomie gelernt habe, dann das ich mir meine Liebe selbst aussuche und mir nicht vorschreiben lasse, auf welchen Typen ich achten soll. Ich will wieder frei von der Psychologie sein, ich will lieben wen ich will, auch wenn ich bei dir längst alle Grenzen überschritten habe. Kann sein, dass es so kommen musste, um einzusehen, dass ein Psychologe mich nur verbiegt. Um einzusehen, dass die Freiheit auch mein größtes Gut ist, sie sie mir aber verbieten. Ich weiß, meine Freiheit hört da auf, wo andere ihre Freiheit haben, ihre Grenzen zu setzen.

Ich weiß nur, dass es mir scheiße geht. Nichts bleibt haften, warum sollte ich mir auch noch auf irgendetwas etwas einbilden? Das einzige was noch Fakt ist, ist, dass ich stalke. Eine Grenze überschritten habe, die ich nicht mehr rückgängig machen kann.
Vielleicht schaffe ich auch mein Studium nicht mehr. Keine Ahnung, was ich machen soll. Klar, ich sollte lernen, also studieren, aber es geht nicht, ich kann mich nicht konzentrieren. Also schreibe ich viel. Eigentlich nur dir.
Du bist glücklich, zufrieden, ich weiß es. Ich aber bin es schon lange nicht mehr. Nicht erst seit dir und ich will auch kein Mitleid. Manchmal habe ich schöne Minuten, manchmal sogar Stunden, aber irgendwie scheint mein Leben ganz anders zu sein, als das der Anderen. Ich will nicht jammern, trotzdem ist alles scheiße, auch nicht erst seit gestern. Ich will ja glücklich, ich will ja zufrieden sein, aber ich weiß  nicht wie es geht. Es scheint, als würde alles von dir abhängen, auch wenn das auch keine Lösung, keine Erlösung sein kann, wie ich es einmal dachte.
Manchmal sehe ich eine Perspektive und das fühlt sich gut an und ich denke man geht diesen  Weg auch, aber das fühlt sich nicht gut an. Irgendwann wacht man auf und man ist angekommen, aber bin ich dann glücklich? Ich glaube nicht. Also könnte ich genauso gut auch heute glücklich sein, aber es geht nicht, das Gefühl stellt sich nicht ein. Eigentlich sind es ständig schlimme Gefühle, aber wie gesagt, ich will nicht klagen, ich will kein Mitleid. Ich will auch schon lange nicht mehr in Selbstmitleid versinken, also versuche ich zu arbeiten, doch trotz allem ist einfach nur alles schwer, langweilig, anstrengend. Kein Genuss, wenig Aussicht. Was soll ich vom Leben wollen, wenn mich eigentlich nichts wirklich interessiert?

Ich will frei sein. Aber die Freiheit, die man sich nehmen kann, interessiert mich heute nicht und ich weiß auch, dass sie morgen, das noch einzig Interessante sein kann. Ich habe das Wissen darum, die Erkenntnis, aber ich kann nicht danach handeln, weil ich unglücklich bin, einsam bin und deswegen muss ich mir keine nette Partnerin suchen, mit der ich es schaffe. Ich will es alleine schaffen, auch mal alleine glücklich sein können. Meine Befürchtung aber ist, dass das genauso Utopia ist, wie es utopisch ist mit einer tollen Frau wie dir ein Paar zu sein.
Nichts wünsche ich mir mehr, als eine liebe Antwort von dir, dass du mich noch magst, vielleicht nochmal kennenlernen willst. Aber im Gegenteil du bist fort und ich schreibe ins Nichts. Wahrscheinlich für den Mülleimer.  Ich wünschte, du würdest mir sagen, wie gut ich bin, dass du mich gerne liest, dass du eigentlich gerne bei mir wärst, es aber nicht geht, weil Krieg oder sowas wäre. Leider ist das nur schöne Träumerei. Die Wahrheit ist, dass jedes Wort Grenzen überschreitet.

Ich bin Mann geworden, aber war es nicht. Das sollte nicht so sein. Am liebsten wäre ich dir immer Mann gewesen. Das will ich drehen, aber es ist wie alles andere auch utopisch. Also muss ich mich mit der Realität abfinden, in der du aber keinen Platz mehr einnimmst. Ja, das kann ich sehen, aber es macht mich unendlich traurig und wütend. So, als wärest du gestorben. Ich hasse den Tod lieber Menschen, davor habe ich schon heute Angst.


4. Blatt. Es ist nun Samstagabend.
Manchmal gelingt es mir zu sehen, dass du mich immer geschätzt hast, dass es dir nie um Macht ging, dass wir gleichständig waren und sind, auf Augenhöhe immer waren. Leider konnte ich das aber nicht sehen. Ich hätte nie geglaubt oder nie so ganz, dass du dich ernsthaft für mich interessierst und mich kennenlernen wolltest. Schließlich habe ich mich nur dir gegenüber wie ein Versager gefühlt, ohne Selbstbewusstsein. Ich musste damals meinen ganzen Mut zusammen nehmen, um dich in Berlin besuchen zu kommen. Ich war erst noch auf den Weg zu meiner echten Größe.

Alles ziehmlich bekloppt und das ist es ja auch bis heute geblieben. Für mich schwer, wieder zu realisieren, mich zu finden, fassen und die Grenzen, wieder zu ziehen. Ich bin ein Idiot, stalke, aber du hast die ganze Scheiße ja miterlebt. 
Es gibt kein zurück, gibt es nie, ob es was zu bereuen gibt, das wird man erst noch zukünftig sehen. Das Schicksal soll ja zu einigem gut sein, manchmal denke ich aber, ich führe kein eigenes Leben, nicht wirklich aus mir selbst heraus. Ist wohl so, wenn man irgendwann nur noch nachdenkt. Zwar findet das Denken sowieso nie ein Ende, das weißt du, aber manchmal sind Denken, Tun, Arbeit, Genuss und oder was weiß ich noch, im Einklang, irgendwie läuft es dann und das fühlt sich echt gut an. Zuversichtlich. Man selbst fühlt sich wertvoll.

Es geht also um kein Lachen, keine Macht, kein Triumphieren, aber darum über sich selbst Macht zu haben, ein Bewusstsein zu haben und zu sehen, dass auch andere nie Macht über dich hatten und haben, haben werden.


Ich glaube irgendwann gehen die Augen wieder auf und man sieht, wie es wirklich war. Das ich dir immer ungerecht war. Schon einmal hast du mir verziehen und ich will auch gar nicht, dass du mir ein zweites Mal verzeihst.
Sowieso bin ich immer noch tief erschüttert, auch enttäuscht, dafür kann niemand was. Und ich weiß heute auch, dass ich morgen weiter gekränkt sein werde, auch wenn es Schwachsinn ist. Du hast damals nichts falsch gemacht, dennoch bleibt es für mich schwierig, dass du mir nicht "gehörst" und daher auch weiter mein Schwierigkeit, dir  die Lust, wie z.B. auf Sex, zu gönnen. All das u.v.m. wird die nächsten Tage, Wochen und Monate, sowieso wieder auf mich zu kommen. Erst Recht die Wut, alles wird sich wieder von Neuem wiederholen, auch wenn ich heute zur Erkenntnis komme, dass du mich immer gleichständig geschätzt hast, dass wir uns vorher ja gar nicht kannten. 


Ich will und kann dir auch fast alles verzeihen. Es ist nunmal so passiert, hat sich so ergeben, aber ich habe dich verloren, mich verloren. Ich kämpfe um dich, aber auch darum, wieder klar sehen zu können, mich wieder gefasst und zuversichtlich zu fühlen.
Du hast mir schonmal verziehen, aber ich kann es nicht, weil ich mehr gesehen und gefühlt habe, auch wenn es von deiner Seite wohl nie dagewesen ist. Es bleibt die Wut, das ich einmalig war, eine Affäre, ein Onenightstand. Die Angst, der Zorn, dass du auch weitere Affären hast. 

Du erkennst meine Wiederholungen, mit denen ich keinen Frieden machen kann. Ich will, dass du glücklich heiratest, nicht, dass du glücklich fickst.

Kontakt

tim.a.elstner(at)gmail.com