Montag, 22. April 2013

Selbst unverbindlich sein tut gut

In Kontakten kann ich heute loslassen. Ich muss nicht mehr davor, währenddessen und danach darüber nachdenken. Früher war das ein Zwang, immer musste ich vor allem alleine darüber nachdenken und habe mir viele Kontakte dadurch kaputt gemacht. Auch dekonstruierte ich mich selbst bzw. verlor meine Selbstachtung und andere den Respekt vor mir.
 
Denn ich kam zu Kontakten nur aus der Not heraus. Ich grübelte über Kommunikation, Kontakte und mich selbst, mein Wirken und verzweifelte daran. Bekam Selbstzweifel und ich musste darüber nachdenken und mich damit kaputt machen, es war wie ein Zwang. Ich kam da nicht mehr raus, ich konnte nicht einmal mehr einschlafen. Dieser Zwang war so stark, dass ich mich auch nicht mehr konzentrieren oder leben konnte, aber ich wusste nie, was diesen Zwang ausmacht. Ich konnte das selbst gar nicht sehen. Ich konnte es nicht mehr stoppen, es drehte sich immer weiter, der Alltag kommt zum Erliegen.
 
Heute kann ich loslassen, heute kann ich sofort alles was ich sage schon beim Sprechen loslassen und dahingestellt lassen. Ich bin frei, wie jeder andere auch. Endlich frei vom Zwang. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken was und wie ich etwas sage oder mache. es ist wie bei allen oder den meisten nun eben bei mir auch. Heute bin ich selbst unabhängig und unverbindlich. Ich denke nicht mehr über tiefere Bedeutungen nach. All das ist bedeutungslos und interessiert sowieso niemanden, denn niemand denkt sich ja was dabei oder hat sich beim sprechen was dabei gedacht und selbst wenn er sich was dabei denkt, dann stürzt es mich nicht mehr. Ist nicht wichtig, ist egal.
 
Ich bin freier geworden, werde frei von diesem Zwang. Werde selbst unverbindlich und das ist gut so, auch wenn es noch fremd ist. Bestimmt mehr als 15jahre da drin gehangen, 15 Jahre selbst analysiert und von der Psychiatrie analysiert worden. Heute habe ich alles weggeworfen und das war gut so, richtig so, auch wenn es noch sehr schwer und einsam ist. Die Psychiatrie ist von Gestern. Ich habe einen Neuanfang gemacht. Ich bin frei. Raus aus dem Gefängnis. Leider weiß ich heute noch nichts damit anzufangen.
 
Was tut einer, der 15 Jahre in einer Sekte oder einem Gefängnis war? Was tut dieser Mensch mit dieser Freiheit? Wo soll er jetzt hin? Was macht er jetzt? Alles ist neu, alles noch fremd, obwohl man alles schon kennt.15 Jahre war ich Insasse, Patient, Gefangener. Heute bin ich frei, aber was soll ich damit anfangen, was fange ich damit an? Soll ich wie ein Tier zurück ins Gefängnis gehen? Soll ich wieder rückfällig werden?

Vor allem die Psychiatrie hat es nie verstanden. Die Psychiatrie war drauf und dran, mir alles zu nehmen, mich zu diffamieren. Die Psychiatrie hat es nie wirklich gesehen. Sie hat mich zerstört und dann musste ich alle Kraft aufbringen und riesige Opfer bringen, um mich endlich daraus zu befreien. Die Psychiatrie redete ein, die Psychiatrie dichtet an, die Psychiatrie kann dich zu einem falschen Mann machen, denn die Psychiatrie sieht dich falsch und ´nimmt dir dann jede Echtheit, nimmt dir deine wahre Person, den der du wirklich bist. Die Psychiatrie war das Schlimmste was mir passiert ist und ich selbst habe das nicht verstanden. Ich selbst bin immer wieder dorthin gerannt.
 
Auf Grund der Psychiatrie wurde ich zum gebrochenen Mann. Irgendwann nimmt dir die Psychiatrie die Luft zum Atmen, nimmt dir deine Perspektive und stellt dich in ein ihr eigens Licht. Und weil man so lange an sie geglaubt hat, wird sie zerstörerisch. Ich machte mich selbst unmündig. Ich schaffte mir einen Vormund. Ich musste gehen, endlich von ihr gehen und mich befreien. Leider zu spät. Zwar habe ich meine Freiheit und Autonomie zurück, doch konnte meine große Liebe nicht für mich gewinnen und zudem verbietet mir die Psychiatrie auch noch paternalistisch mein große Liebe. Urteilt über mich und über sie. Die Psychiatrie aber stellt sich selbst nicht in Frage. Sie stehen da felsenfest und solange du selbst nicht felsenfest und ihr immer vertraut hast, hast du keine Chance gegen sie. Also muss ich weg und das leider viel zu spät.
 
Immer noch ist diese Vormundschaft in meinem Kopf. Immer noch machen sie alles kaputt, weil ich sie zum Teil immer noch zwanghaft "abfragen" muss. Immer noch beschwören mich manchmal diese Geister. Immer noch holen sie mich zum Teil, immer noch gebe ich ihnen einfach recht und kann mich nur schwer abwenden, unverbindlich zeigen, denn das war ich ihnen gegenüber fälschlicherweise ja mal. Dieser Weg wäre längst der richtige gewesen. Ich hätte die große Liebe dann bestanden oder überstanden und niemand hätte sie mir jemals verbieten können. Längst hätte ich selbst die Stärke und Autonomie gehabt. Hätte sie erst gar nicht ikonifiziert, wäre damit umgegangen. Hätte ihr gleichberechtigt in die Augen schauen können. Wäre selbst ein erwachsener Mann gewesen. Alles wäre einfach anders gelaufen.
 
Das ich heute frei bin, frei vom Zwang bin, hat rein gar nichts mit der Hilfe der Psychiatrie zu tun, sondern ganz im Gegenteil. Der Grund der Freiheit liegt nur darin, sich von der Psychiatrie zu lösen. Ihr Gegenüber endlich selbst die Unverbindlichkeit und Unabhängigkeit zu lernen. Diese Abhängigkeiten und Erklärungen der Abhängigkeiten ja dazu führten das bei mir nichts mehr ging und ich es anders als andere sah. Und dann sagt dir die Psychiatrie wer du bist und sagt dir wer zu dir passt, weil du so bist. So bist, wie ich gar nicht bin, sondern sie mich kennenlernten, aber sie mich eben nie vor der Zwangserkrankung kannten, also sollte ich in ihren Augen ein ganz anderer werden. Sie haben nie gesehen wäre ich wirklich bin oder wer ich wirklich geworden wäre.

Kontakt

tim.a.elstner(at)gmail.com