Donnerstag, 5. April 2012

Dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kind


Hallo mein Schatz. Ich habe mir all das nicht ausgesucht. Ich habe kein selbstbewusstes Leben geführt. Wo war ich, all die Jahre? Wer hat aus mir gesprochen? Wer hat für mich entschieden? Wer hat mich entschieden? Ich war entschieden auf dich entschieden. Ich musste zu dir kommen. So genau weiß ich nicht wieso. Ist das Liebe wenn ich mich nicht selbstbewusst für dich entschieden habe, sondern einfach nur entschieden auf dich entschieden war? Ich kann nichts dafür mein Schatz, ich kann nichts dafür. Und so war ich kein Mann als ich bei dir war, so war ich kein Junggeselle, als ich bei dir war. So war ich nur einsam, auf meiner vernebelten Insel, als ich zu dir kam.
Ich habe mir all das nicht ausgesucht, auch dich habe ich nicht auserwählt, habe ich dich angehimmelt, angebetet, aber ich habe mich nicht für dich entschieden. Zwar war ich entschieden auf dich entschieden, auf dich fixiert und festgelegt, aber ich habe dich nicht ausgesucht, sondern aussuchen lassen. Ich kann nichts dafür und du ebenso wenig. Passive Liebe, Liebe auf den ersten Blick. Wo bist du hin mein Schatz, wohin habe ich dich vertrieben. 
Auch du bist einsam, auf deiner Insel, aber lebst bewusster. Hast heute deine Träume und Ziele und kannst erst Recht nicht verstehen, wenn man sich festlegt auf einen Menschen, soviel weiß ich von dir. Aber was willst du, was bist du? Ein unentschiedener Geist? Ein Rätsel? Ein Mythos? Gibt es dich eigentlich wirklich oder bist du nur Gerede?
Ich liebe dich, keine Frage, doch wieso, das weiß ich nicht. Wie siehst du? Was ist deine Klarsicht, was ist deine Brille wirklich? Ich vermisse dich, will dich kennenlernen, aber das geht wohl gar nicht, du würdest deine Freiheit deine Insel immer vorziehen. Nie könnten unsere Kontinente verschmelzen und bleiben, denn du würdest dich nie entscheiden zu bleiben.
Du kommst klar, lebst in selbstgewählter Einsamkeit, während ich immer nur Spielball meiner Passivität war. Während heute die Spielbälle wieder in mir sind, waren sie vorher wie Geister um mich. Habe ich heute mehr Selbstbestimmung, aber wo stehst du? Wie handelst du?
Du ziehst deine Freiheit vor. Nichts ist dir wichtiger und da kommt dann auch keine Liebe dazwischen, denn die würde dich passiv zwingen, dir deine Selbstbestimmung nehmen. Was schützt du mein Kind?
Wo willst du hin? Was hast du gegen die Liebe? Warum kannst du dich nicht zeigen? Warum kannst du dich nicht zuwenden? Wovor hast du Angst? Du glaubst an den Richtigen. Ich auch. Dann wünsche ich uns mal viel Glück.

Deine Freiheit ist dein wichtigstes Gut, leider habe ich davon nie sehr viel kosten und genießen können, bliebe ich doch immer der Sklave der Einsamkeit, das Aushängeschild meines Schicksals. Schön dass du da klarer bist, bestimmter bist. Leider blieb ich der depressive Idiot.

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tim.a.elstner(at)gmail.com