Donnerstag, 26. April 2012

genauso

Ich und mein Leben ist genauso toll wie deines, ist genauso normal, genauso interessant. Nicht weniger aufregend. Bist du gewöhnlich wie anderen auch, wie ich auch. Auch ich bin nichts besonderes, bist auch du nichts besonderes. Ich bin genauso gut, nicht minder intelligent, nicht minder an Parties und tanzen interessiert. Habe einen nicht minderen Geschmack. Ich bin genauso toll wie du, nicht minder toll als du. Wir sind auch beide mal langweilig, sind auch beide mal einfach. Sind auch beide mal routiniert und reglementiert, strukturiert. Auch du bist nicht autonomer als ich, auch du hast Probleme. Dein Leben ist nicht bedeutsamer als meins, ist nicht wertvoller als meins. Jeder ist mal ganz einfach, ziemlich gewöhnlich, nicht jeder kann immer glänzen. Ich will dich nicht mehr ansehen als die Göttin, will deinen Bewegungen nicht länger glorifizieren, artifizieren. Auch du bist wie ich, eigentlich ganz langweilig, eigentlich ziemlich berechenbar. Man lernt sich kennen, du bleibst nicht auf ewig das Mysterium. Wir sind beide ganz schön normal, keiner ist größer, keiner ist aufregender, keiner kann alles, keiner weiß alles, keiner glänzt immer. Manchmal ist man ganz schön gewöhnlich und langweilig. Auch du kennst nicht jede Antwort, auch du bist nicht immer toll und sowieso niemals toller als ich. Dein Leben ist nichts besseres, auch wenn wir uns immer etwas neues ausdenken und voller Energie sind, aber toller ist das was du tust, was du liest, wie du liest, wie du trinkst, wie du gehst, auch nicht als was ich mache. Meine Mutter vergötterte auch stets mein Tun, mein Denken und so weiter, doch auch ich bin das nicht, auch ich bin nicht toller, nichts besseres oder besonderes. Auch ich muss das einsehen, auch ich muss aufhören all dieses, also das Urteilen meiner Mutter, auf dich zu projizieren. Auch du bist nicht toller, auch wenn es mir immer so scheint. Als gingest du in Zeitlupe, als wäre dein Geschmack vom anderen Stern. So habe ich immer das nachsehen, doch auch du bist nicht toller als andere Frauen, nicht toller als andere Menschen und erst Recht nicht toller als ich. Wir sind beide toll, interessant, gewohnheitsbedürftig, aber du bist nicht besser als ich, nicht großartiger. Du bist nicht wie ich, aber auch nicht toller als ich. Wir machen nicht alles gleich und doch sind wir gleiche Menschen. Wir unterscheiden uns, aber insgesamt sind und bleiben wir beide immer mittelprächtig, mittelmäßig. Man muss das lernen, einsehen. Bist auch nicht größer als ich oder als andere. Ich liebe das, aber ich will es nicht mehr vergöttern, will es nicht mehr glänzend, unwiderstehlich sehen nur weil du deine Art hast, die aber doch ein jeder und ich auch habe. Ich will mich nicht aufwerten, dich aber auch nicht. Will mich nicht länger abwerten und zu dir in Wettkampf stellen. Wir sind ganz schön mittelmäßig und einfach, nichts besonderes.

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tim.a.elstner(at)gmail.com